Die Römer waren Meister der Baukunst. Durch Erfahrungen, gut ausgebildete Bauleute, aber auch durch eine experimentelle und mutige Bauweise erschufen sie beeindruckende architektonische Meisterwerke. Die vielen römischen Aquädukte sind ein Beispiel für die präzise und vorausschauende Planung und Umsetzung der Römer. Das größte und weltweit bekannteste von ihnen steht in Nimes: der Pont du Gard.
Planung und Aufbau des Pont du Gard
Den Erzählungen zufolge bekam Agrippa (herausragender Röm. Staatsmann - lebte 64/63 bis 12 v.Chr.) von seinem Schwiegervater, Kaiser Augustus die Aufgabe, eine Wasserleitung von einer Quelle bei Uzes bis zum, in Südfrankreich liegenden, Nimes zu bauen. Keine leichte Aufgabe: Es galt 20 Kilometer, 17 Meter Höhenunterschied und ein 50 Meter tiefes Tal zu überwinden, das der Fluss Gordon gegraben hatte. Für diese schier unlösbaren Aufgaben stellte Agrippa die besten Ingenieure und Architekten des Reiches ein. Das Vorhaben musste mit revolutionärer Baukunst umgesetzt werden, da es noch nie zuvor etwas vergleichbares gegeben hatte.
Die Römer waren zwar bewandert im Brückenbau, doch solch eine Strecke, samt einer Steigung, war noch nie überwunden worden. Trotzdem musste das Wasser nach Südfrankreich transportiert werden und die Bauherren stellten sich der Herausforderung. Der Pont du Gard besteht aus Halbbögen, die in Gewölbe aufgeteilt sind. Sechs Bögen des untersten Gewölbes tragen elf Bögen des nächsten Stockes, die wiederum die 35 Bögen des obersten Stockes stützen, auf denen der mit Steinplatten ausgelegte Kanal zum Wassertransport verläuft. Der Pont du Gard besteht aus insgesamt 52 Halbbögen. Durch diese Bögen wurde es möglich gemacht, Flüsse und Täler zu überwinden.
Die Bauweise des Pont du Gard
Die Etrusker waren für die Römer Vorbilder im Rundbogenbau. Doch die römischen Bauherren verfeinerten die Bauweise der Brücken, bis sie eine, für damalige Verhältnisse, überraschende Präzision erreichten. Der Pont du Gard war und ist ein Paradebeispiel für die revolutionäre Baukunst der Römer. Die römischen Ingenieure wussten zwar um die Naturgesetze und die Stabilität von Rundbögen, aber fehlten ihnen die Mittel für völlig exakte Berechnungen. Umso überraschender ist die Bauweise des größten römischen Aquädukts.
Die einzelnen Halbkreisbögen des Pont du Gard sind aus jeweils etwa sechs Tonnen schweren Steinen gehauen. Die Fugen neigen sich der Mitte des Halbkreises zu. Diese Rundbogenstruktur ist aufgrund ihrer statischen Eigenschaften belastbar und kann ein vielfaches ihres Gewichtes tragen. Die Lasten, die von den Bögen getragen werden, verteilen sich nach außen und nicht nach unten, wie es bei senkrechten Pfeilern der Fall wäre. Dieser Umstand bedingt einer guten Verankerung im Boden, sowie einer stabilen seitlichen Befestigung. Die Kraft wird über die Rundbögen gleichmäßig in den Boden geleitet und verhilft dem Bauwerk zu einer bemerkenswerten Stabilität.
Trotz aller Berechnungen, die von den römischen Planern gemacht wurden, konnten sie damals nicht genau einschätzen, ob das Bauwerk den enormen Belastungen standhalten konnte. Sie verließen sich auf ihre Erfahrungen und wagten sich an experimentelle Bauweisen heran. Waren die untersten Rundbögen bei Aquädukten damals in der Regel etwa vier bis fünf Meter lang, betrugen die Spannweiten der untersten Rundbögen beim Pont du Gard bereits 15-25 Meter. Das Bauwerk war ein enormes Wagnis. Auch die Höhe von etwa 50 Metern war für die damaligen beschränkten Möglichkeiten ein fast nicht umsetzbares Vorhaben. Doch den Bauherren des Pont du Gards gelang es.
Da die Bauherren sich nicht hundertprozentig sicher sein konnten, ob ihre Konstruktion hält, war das Material besonders wichtig. Es musste stabil, haltbar und formbar sein. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass kein Bindemittel zum Einsatz kam. Die Brücke wurde so konstruiert, dass sie durch den gegenläufigen Druck der Bauteile ihre Stabilität erhält. Dass die Römer in der damaligen Zeit die mathematische Präzision besaßen, um die nötigen Berechnungen anzustellen, grenzt an ein Wunder. Auch das gleichmäßige Gefälle von 34 Zentimetern pro Kilometer ist mit solch einer Genauigkeit umgesetzt, dass auch heutige Architekten noch verblüfft sind.
Es wurden beim Bau verschiedene Materialien verwendet, die verschiedene Aufgaben zu erfüllen hatten. Dazu zählen kretazische Kalksteine, Muschelkalk und grober, gelber urgonischer Kalkstein. Besonders erwähnenswert ist der Umstand, dass kein Mörtel verwendet wurde. Das bedeutet, kein Bindemittel hielt die Quaderbausteine zusammen. Die Römer verwendeten beim Bau auch das sogenannte opus caementitium, das aus gebranntem Kalkstein, Sand und Steinen hergestellt wurde. Es war besonders geeignet für den Bau von Aquädukten, da es sehr widerstandsfähig gegen Wasser war. Das opus caementitium kann als Vorläufer des heutigen Betons und Zementes angesehen werden.
Insgesamt arbeiteten etwa 1000 Menschen drei Jahre lang am Bau des Pont du Gard. Etwa 500 Jahre transportierte das römische Aquädukt 20.000 Liter Wasser am Tag. Der Bauherr Agrippa erlebte die Fertigstellung seines Projektes nicht mehr. Doch der Pont du Gard steht heute noch und hat die Zeit überdauert. Er ist seit 1985 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes und kann im südfranzösischen Nimes bestaunt werden.
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